Aufnahmen im Paul Gustavus Haus

Im Sommer 2018 machte ich eine große Experimentalsession im Paul-Gustavus-Haus in Altenburg – Thüringen. Das PGH ist eine alte Malzfabrik. Gebaut zu einer Zeit, als Fabriken Jugenstildeko hatten, aus Ziegeln gemauert und mit der zentralen Dampfmaschine betrieben wurden. Heute ist das Haus einer von diesen Orten, an dem Menschen Dinge tun, die aus der fernen Perspektive unmöglich erscheinen. Ein wunderbarer Ort, der unfertig ist, der nicht die Decke, sondern die Luft nach oben spüren lässt. Hier wird gehämmert, gefeiert, gestritten und geliebt, zelebriert und gelebt. Es ist für mich ein Platz um zu atmen, der Ort an dem ich die klanglichen Utopien von Das wilde Liederbuch entwerfen und umsetzen konnte.

Klavier im Paul Gustavus Haus

Eine dieser Utopien war es, Musik ohne Drums und Beats zu machen. Möglichst akustisch. Viel Holz. Druckvoll, aber ohne diesen strengen Backbeat, der mir manchmal wie eine Zwangsmaßnahme zur Bespaßungsverrücksicherung vorkommt. Ich ver/stimmte die Gitarre, präparierte das Klavier, stampfte durch den Raum und nahm zahllose Geräusche auf.
Die Umsetzung war kein Spaziergang. Die Limitierung des Groovedesigns (ohne Beat) war eine ziemlich große Herausforderung, eine andere Sprache, mit der ich noch nicht vertraut war. Ähnliche Vokabel, aber wie ein Wortschatz aus einem Paralleluniversum. Sechs Wochen hatte ich Zeit für die Aufnahmen. Zeit um einzutauchen, zu zweifeln, zu fließen und zu lernen. Meine Klangsprache veränderte sich.
Sie wird fluffiger, wärmer, entgegengesetzter, rumpeliger, theatralischer und liebevoller.
Im alten Leitungsbüro, der heutigen Bibliothek, mit drei Mikrofonen, dem Standrechner (im Koffer mitgenommen), der Akustikgitarre, dem Altenburger Spontanchor und dem wunderbar verstimmten Flügel hinterließ diese alte Fabrik ihren akustischen Fußabdruck in diesen Liedern.
Danke liebe Leute vom PGH für diese tolle Zeit!!

Bild: Fayd De Light Veit Ebbers