Maschinen, Corona, Kunst & Optimismus

Hallo liebe Leute, 

Habe hier ein paar Gedanken zusammengefasst. Zu Maschinen und Corona, zu Kunst und Optimismus. Eine persönliche Bestandsaufnahme. Ein utopischer Umriss. Eine umfangreichere Einordnung.

Zur Kunst: Mein Verständnis von Kunst ist, dass sie uns in aller Tiefe befreit. Sie verschafft uns Zugang zu einem inspirierenden Kosmos und schlägt eine fantastische Brücke zwischen dem Bestehenden und dem Kommenden. Sie bringt das Matte zum Leuchten. Das Banale verzaubert sie. Mit ihr fliegen wir über die Grenzen unserer Konditionierungen hinweg und überwinden die Enge des Alltags und der Tagespolitik. Auch in einer konsequent materiellen Welt ist sie eine transzendente Erfahrung. Kunst trägt spirituelle Verantwortung und bleibt das Abbild des lebendigen Spiels.

Am Beginn dieser Pandemie, im letztes Jahr, konnten sich die Wenigsten vorstellen, wie lange sie sich an uns alle fesseln würde. An die Ängstlichen, die Verärgerten, die Vorsichtigen, die Gesundheitsbedachten, die Demokratie beachten. Und an die, die mittlerweile vor den Trümmern ihres Lebenstraums stehen. Mit jedem Tag scheint die Lage komplexer zu werden. Was mich aber am meisten bedrückt: mit einem Sprung sind sogar langjährige Freundschaften gefährdet. Manche gibt’s nicht mehr.

Ich halte jegliche Aussage für eine Annäherung und keine Quelle für absolut zuverlässig – weder die offiziellen noch die inoffiziellen. Im Zweifel für den Zweifel. In meinem nahen Umkreis gab es sehr unlustige Verläufe, die Langzeitfolgen der Infektionen ziehen sich. Mich persönlich konfrontieren das Auftrittsverbot und die Frage, nach der Richtigkeit. Ringsherum blüht die “Surrealwirtschaft” auf, das Echte geht in Konkurs und unsere Freundschaften zerbröseln einfach. Es wimmelt vor Fliegen. Der Beelzebub hat sich schick herausgeputzt und verteilt wehende Fähnchen mit Wappen. Ich sehe mich weder im orthodoxen Ungläubigen noch im technokratischen Ministranten. Gerade in unserer Zeit, in der Nationen und Konfessionen zu vorgestrigen Identitäten verbleichen und wir sogar anerkennen, mehr als zwei Geschlechter zu sein, dividiert uns etwas neu. Es macht uns, böse gesagt, zu Systemlingen und Querdenkern, freundlicher formuliert: zu Verantwortungsvollen und Aufgewachten – stets mit dem Anspruch couragierte Bürger:innen zu sein, die das Beste wollen. Das Beste wäre demnach 0 oder 1, küss oder tschüss. Das Interdependente, das sich gegenseitig Brauchende und Stützende, hätte ausgedient. Der friendly Alien soll weg? Leider sehe ich mich genau in diesem.

Die offiziellen Vorgaben sind ein Gewurschtel (mitunter halstief in Freunderlwirtschaft eingesumpft) und die Zahlen sind legendär undurchsichtig. Die Ausgangssperren halte ich für unverhältnismäßig und kontraproduktiv. Auf der Hand liegt aber auch, dass die Mutationen immer erfolgreicher werden und Maske-tragen im Gedrängel einfach Sinn macht (sonst hätte Indien den Gegenbeweis erfolgreich geliefert). Die Impfung ist Teil eines technophilen Lösungsversuchs, ein einziger ultraharter Shutdown wäre als militaristischer Plan B nicht minder extrem und alles aufzusperren, um die Herdenimmunität offen zu induzieren, wäre Experiment C – und genauso grenzwertig. Was wir auch machen, es ist super komplex und es bleiben Versuche. Wir tapsen um uns. Wir hoffen. Der primär technische Ansatz hat sich relativ schnell durchgesetzt und eine ernsthafte Diskussion über Optionen hatte nie Platz. Ich hätte mir den Diskurs sehr gewunschen. Sollte nicht sein. Welche Kräfte in dieser Entscheidung mitgewirkt haben, kann uns in den Streit treiben, kann uns aber auch am Popo vorbeigehen. Es waren Kräfte von Egos in hochdekorierten Dickschädeln, die sich vom eigenen Otto-Normalverbraucherego ja nur darin unterscheiden, dass dieses weniger glanzvoll durch die Öffentlichkeit stolziert. Der edle Mensch, Rohmaterial für Selfies, ist als Menschheit betrachtet ein riesiger resonierender Körper, der sich in unendlichen Ebenen kopiert und überschreibt. “Die” sind immer wir. Keine einzelne Person oder Institution kann diesen Prozess bewusst steuern. Eher gelänge es jemandem durch Null zu dividieren. Unsere Intergroove ist magisch und für Hirne einfach unfassbar. Wäre es anders, wäre Rom nie untergegangen und die Kirche hätte sich nie gespalten. Der Intellekt ist eine Krücke, mit der es sich schwer tanzen lässt. Nicht einmal einfache Formeln wie “jede Handlung wird beantwortet” bekommen wir hin. Wir tricksen und mogeln uns in künstliche Idealzustände und reißen damit immer neue Verstimmungen auf. Manchmal heißt der Teufel X, dann Y – oft trägt er meinen Namen.

Einschub: Als kleiner Künstler bin ich in diesem System äußerst unrelevant. Aber mit Abstand betrachtet wird fast jede Branche zum Hobby. Wir Zweibeiner sind die Komischen, die Plastic People, die Macher der Amazonas Wüste, die Überbringer des nuklearen Mülls, der eine viel längere Zukunft hat, als die Bibel Vergangenheit. Danke, Krone der Erschöpfung: Geld arbeitet NICHT. Jede:r für sich bleibt eine Projektion der Ganzheitlichkeit. Das große Bild ist das unendliche Mosaik. Zusammen dürfen wir hier eine Zeit lang Teil eines zauberhaften Flows sein und wenn wir dem Lebensraum mit Respekt und Demut begegnen, wird er unser Gastspiel weiterhin tolerieren. Dann spielen wir auch weiterhin jeden Tag eine neue Improvisation, die intensiv erleben und dabei gleichzeitig überleben lassen möchte. Survival of the fittest heißt auch bei Corona, die Zwischenräume zu meistern. Als absolute Statuen würden wir, wie so oft, aus der Geschichte geschrieben werden. Ganz unabhängig davon, ob der Auslöser diese Pandemie war – oder treffender gesagt, ob es eine Subpandemie, inmitten eines pathologischen Megastrudels war.

Zur Maschine! Neben uns und den anderen aussterbenden Lebewesen, beherbergt dieser Planet laufend mehr Maschinen – stumpfe Dampfer bis präzise Rechner – Dinge ohne Herz und Leber. Erst erweitern sie unseren unzureichender Körper, dann überwuchern sie ihn. Auf der Flucht vor der Unvollkommenheit kreieren wir das perfekte Untier – im wahrsten Sinn des Wortes. Wir bauen einen Automaten, der sich von unserer Angst nährt, der Angst vor dem Ende. Welches Ende auch immer. Egal. Alles endet. Doch wie daraus Gewinn gemacht wird, “weiß” die Maschine am Besten. Sie funktioniert. Sie führt Protokoll. Sie aktualisiert sich genau jetzt. Mit dem Internet hat sie unsere Stimmen und Sinne genauso wie die komplette Medienlandschaft inhaliert. Mit Clickbait, Anzeigen, Likes, Kommentarvolumina und Tracking zeichnet ein Etwas scharfkantige Kundenprofile aus unserem Tun und verwertet uns in viralen Kampagnen und Strategien. Identitäten, ob politisch oder konfessionell, sind im Digitalen in erster Linie Verkaufsschlager.

Das Individuum nimmt einen neuen Charakter an. Das demokratische Subjekt ist mittlerweile primär globale:r Konsument:in. Mit Abos, Paywalls, Bannern, Datamining, Email- und Netzwerkmarketing,.. wird JEDE Zielgruppe passend ausgebeutet. Je klarer und definierter mein Datenabdruck zu lesen ist, je stärker ich mich abgrenze, um so hervorragender konvertiert sich meine Lebenszeit in Gewinne – Gewinne von Firmen, die, wären sie natürliche Personen, als Psychopathen abgestempelt, keinen Schritt in die Öffentlichkeit machen dürften. Unsere Trennung hat ein bizarr einfaches System: Aufregung = Cash. Große Aufregung = Großes Cash. Für wen? Für den Irrsinn. Soweit bekannt.

Aber da wäre ja noch Corona – der neue Zustand. Der Zustand, der Eigenschaften eines Krieges hat, ohne selbst einer zu sein. Notverordnungen, Grenzschließungen, Isolation, (Selbst)Zensur, Misstrauen, Fronten, technische Explosion, Tote, Kranke, div. Verletzte,… Es gibt noch keinen Namen für so ein Szenario. Es ist ein „Kampf“ gegen ein unscharfes Feindbild. Es könnte aussehen wie ein Virus, wie Wut, wie Ohnmacht, wie ein Schlauch in der Lunge, wie Einsamkeit, wie Klatschen, wie Uniformen, wie Hausarrest, wie New World Order, wie Narzissmus, wie Kontrollverlust, wie Mainstream, wie Gegen-den-Strom, wie mein Spiegelbild. Wir kämpfen gegen ein Ding, das aus uns kommt, aber das wir nicht sind. Ein Ding ohne Würde und doch zutiefst menschlich. Es programmiert uns, weil wir es programmiert haben uns zu programmieren. Corona intensiviert DAS Problem, dass wir unseren Platz im System (vor seeehr langer Zeit) verlassen und dafür eine synthetisch verschlimmbesserte Kunstwelt erschaffen haben (für Sesshaftigkeit und Besitz). Deren Handwerk verstehen wir leider nicht im Ansatz. Ein Zurück gibt es nicht. Mutter Natur hat den Engel mit dem flammenden Schwert vor der Paradiestür geparkt. In der Not agieren wir wie besoffene Randalierer, die aus der Bar geschmissen werden. Wir pöbeln imperial ins Lokal und durch die Straße. Die letzte Instanz bleibt aber der Wirt. Unser Dorf hat 8 Häuser und in nur einem gibt es ein Wirtshaus. → Planet B kommt nicht. Um dieses Dilemma zu lösen, ringen wir um Worte und wollen diese bestmöglich verfassen. Wir formulieren und tradieren. Und scheitern. Machtlust und Gier haben noch jeden Codex korrumpiert – von den ältesten Skizzen der Tora bis zur Menschenrechtscharta. Wäre es anders, hätten wir den Weltfrieden bereits. Die Partitur, die den friedlichen Einklang ermöglicht, ist noch zu schreiben. “Die Schuld” ist dabei ein fauler Fokus. Fokus-Lokus. Die Perspektive aufs zukünftige Miteinander halte ich dabei für sehr vielversprechend. Ein Code zur Befreiung kann meiner Ahnung nach gelingen, wenn die “Fehler” als Impulse zur Reharmonisierung der systemischen Schwingung gelesen werden und sie das Leben stets neu beleben. Es wird wohl ein dynamischer Text sein, der aus der Vergangenheit, für die Zukunft lernen und vergeben lässt, der aber nicht vergisst, sondern erinnert. Einfacher gesagt: Die Form steht über der Farbe. Die Groove vor der Intonation. Beides lässt sich üben. Die Groove einer Band lebt von vielen kleinsten, persönlichen Tempokorrekturen zugunsten der gemeinsamen Atmung. Der Wunsch nach einer tiefen globalen Atmung wird die Basis des Weltfriedens sein.

Ich möchte Pazifist sein. So wie wohl die meisten, die diesen Text lesen. Aber der Begriff ist alt. Alt-analog. Eine Transposition in die Gegenwart: Der konventionelle Krieg wird zum Auslaufmodell und wir (Industrienationen) erleben gerade eine neue Generation des Konflikts. Die Hierarchien werden multidimensional. Aus Unternehmen, Personen, Programmen, Ideen und Identitäten entstehen dynamische Kollektive in künstlichen Räumen quasi von selbst. Diese übernehmen die Rollen der klassischen Konfliktparteien. Rund um sie verwaltet der gewissenlose Apparat den Input und Output. Real bleibt dabei die Abrechnung. An der Front verlieren wie immer alle. Auf den Konten wird gewonnen. Die Algorithmen „möchten“ die Wut steigern – auch wenn sie das vielleicht niemals bewusst begreifen werden. Unser Drängen nach unendlichem Wirtschaftswachstum programmiert sie entsprechend und zielt darauf ab, einen perfekten Krieg zu produzieren. In diesem stirbt niemand, aber alle leiden genauso stark, dass der höchste Profit erlitten wird. Die Konfliktparteien würden sich dabei ihrer Rollen nicht bewusst werden, da sie, ideal abgekoppelt, den Mechanismus nicht erkennen könnten. Schon heute finden wir in Anlegern und CEOs neue Warlords, während die User zu Chimären aus Konsument:innen und unfreiwilligen corporate soldiers verkümmern. Im digitalen Feld ist der Feind keine definierte Einheit mehr. Er ist ein Cluster aus (Angst)Projektionen, das Polemik, Übertreibungen & letztendlich Hass zu psychischen Störungen und körperlichen Schäden des Gegners werden lässt. Hier ist jede:r Gegner. Bei allem Cyber bleiben die Auswirkungen konventionell: die Verlierer bekommen das Trauma, die Gewinner die Rendite. Neues Design. Alter Schmäh.

Unterschied zu früher: Begriffe wie Pazifismus und Dissidenz stehen auf einmal wirkungslos im Raum. Die Slogans „Wehret den Anfängen“ und “Nie wieder” taumeln ihnen hinterher. Wenn wir heute von Nazis sprechen, sind das maximal morbide Geister von gestern. Die können noch vereinzelt großen Mist bauen, Terror machen und in mancher Exekutive Best Buddies haben, aber haben kein Fundament, um einen Staat zu machen. Dafür braucht es mehr. Die meisten Europäer:innen sehen sich wohl friedliebend, kriegsverweigerend und antiimperial. Mit dem virtuellen Krieg, dem corporate war, dem “neue Zustand” fällt uns die eigene Gier aber frisch in den Rücken. Sie versteckt sich im Leistungsprinzip zwischen Schrittzähler und Antidepressiva. Ihr heimliches Wesen macht uns zu unwissentlichen Tätern. Die kleine Übertreibung da, das böse Meme hier, ein etwas zynisches Video dort. Und Irgendjemand bekommt irgendwo in die Fresse oder drückt ab – und niemand weiß wieso. Die Maschine lässt es eskalieren. Das Standardpreset steht auf Maximierung. Es ist wie Gitarre spielen, mit einem Verstärker, der rückkoppelt. Das kann großartig klingen, wenn wir uns und das Instrument im Griff haben. Wenn nicht, wird es Lärm. Im schlimmsten Fall Klischee und Lärm. Ohne Schmäh: Moderner Pazifismus geht wohl tiefer, als sein analoger Urahne. Er fordert unmittelbare persönliche Impulskontrolle. Er setzt auf die Eigenverantwortung. Das Digitale braucht die Übersetzung ins Greifbare, bevor es online geht. Moderne Dissidenz heißt dem inneren Grantscherm, zu widerstehen, ihn nicht für die Marche der Maschine tippen zu lassen, sondern die Würde im Menschen hinter dem anderen Avatar zu suchen und anzunehmen. Zeitgemäßer Widerstand bedeutet, sich der Ängste, der Scham, der Trauer, der Wut, der Ohmacht bewusst zu werden und nachhaltige, deeskalierende Antworten auf sie zu suchen. Lasst uns über Feindesliebe sprechen – ohne Kreuz und Kummer. Lasst uns auf dem Fundament unserer Haltungen mit allen Forderungen an die spezifische Sache deutlich Kritik üben, aber stets Respekt bewahren. Der Wald würde massiv zurück brüllen. S.o. “Form vor Farbe”. Der Pazifismus ist vielleicht die größte Leistung, die wir je verwirklichen werden können. Ich sehe da eine Band vorm inneren Auge, die eine äußerst ruhige Ballade spielt. Sie klingt nach außen hin super einfach und federleicht. Sie gelingt vice versa aber nur, wenn die Spielenden die sehr hohe innere Spannung des leisen Tons auch halten können. Lasst uns üben. Wir können den Frieden (er)schaffen.

Hier wird die Kunst relevant. Sie konkretisiert die ferne Utopie und bildet den Widerhall einer Zukunft ab, in der sich eine Gesellschaft bewegen können wird. Sie kann den drei-dimensionalen Raum sogar auf einem einzigen Blatt Papier verlassen. Sie kann aus Fehlern nicht nur lernen, sondern direkt aus ihnen neue Schönheit ableiten. Sie kann nicht nur ein Jenseits (des Bestehenden) verkünden, sondern ein ganzes Universum. Die Kunst kann den “autoritären Willen” der Maschine offen legen und Optionen anbieten, wie ein Leben mit Technik vital vereinbar ist. Wir Künstler:innen dürfen und sollen den Alltag überwinden, um eine andere Geschichte als die des Ist-Zustandes zu erzählen. Das geht schnell und aufbrausend. Aber auch zart und leise. Oder eben entspannt in der Mitte. Wir müssen auf nichts schwören und zu nichts konvertieren. Wir müssen nicht im Affekt Antworten geben. Wir müssen aufpassen, dass unser Zynismus die Kunst nicht zerfrisst oder unsere Ungeduld nach Höhepunkten sie platt drückt. „Freiheit der Kunst“ heißt gerade jetzt innehalten zu dürfen und sich sortieren zu können. Das Banale braucht keine Abstumpfung, sondern Verzauberung. Mit dieser Magie kann das Herz wieder auf die Bühne unserer Wirklichkeit kommen und sich mit dem Gehirn versöhnen. Die Kunst verbindet die Erde mit dem Himmel und gibt uns Mut den Visionen zu vertrauen. Sie möchte immer aus der Nostalgie befreit werden, um uns Ankerpunkte in einer helleren Zukunft anbieten zu können.

→ Zum konkreten Prozess: Ich wünsche uns eine breite, unaufgeregte Diskussion über mögliche Öffnungsszenarien sowie einen viel tiefgreifenderen Schutz vor ähnlichen Infektionen und ihren Nebenerscheinungen, der darauf fußt, der Natur ihren Platz zu lassen und die Gier in den Griff zu bekommen. Wir müssen nicht auf den nächsten technologischen Kraftakt warten, um den Karren wieder mehr schlecht als recht aus dem Dreck zu ziehen. Klar, das ist im besten Fall Zukunftsmusik. Die Gegenwart funktioniert anders. Eine Überlegung: Die meisten Übertragungen passieren im Privaten – in geschlossenen Räumen. Gleichzeitig haben sich Spielstätten, bei denen Gastro und Aufführungsraum getrennt sind, während der Öffnungsphase im Herbst 2020 als sehr infektionsresistent erwiesen (keine bis fast keine Ansteckungen). Wenn sich also niemand im Theater etc. ansteckt, aber fast jede:r zu Hause, kann ein Lösungsansatz auch die Kulturoffensive sein. Wie wäre es, wenn wir so viele Orte wie möglich bespielen, darin achtsam sind und die privaten Treffen in Innenräumen mittelfristig obsolet machen, weil wir bereits genug Input erleben und Austausch im Freien stärker anbieten? Klar, Moshpit, tanzende Clubs, Bierzelte und dichtes Bar-Ambiente kann das nicht wett machen, aber wir haben viele Formate, die gerade dann am Schönsten sind, wenn wir uns ungestört auf die Darbietung einlassen können. Es könnte ein Schub für Gestaltungen sein, die abgekoppelt von sozialer Ablenkung und unmittelbarer Bewertung stärker für sich selbst sprächen. Meckern wir nicht konstant, das alles zu flach und zu vorhersehbar ist? Eine Kulturoffensive zur Coronabekämpfung könnte mehr Abwechslungsreichtum, Unterhaltung und Moment in die Programme bringen, als wir uns “normal” zutrauen würden.

Vielleicht ist das naive Träumerei… aber ich habe Lust zu träumen und wünsche uns Träume. Ich möchte nach vorne sehen und nicht ins unendliche Gestern. Die Verkastelung des Runden nehme ich nicht an. Mit dem pessimistischen Blick nach unten verläuft sich alles in der Unmöglichkeit der Negation und findet keinen Halt. Als Optimist:innen sehen wir Optionen, bekommen einen Fokus und werden handlungsfähig. First brauchst a Vision, sagte schon der Arnie. Wir können erwiesenermaßen unglaubliche Dinge vollbringen. Atomwaffen besitzen und sie nicht verwenden, Hip Hop mit Schlager kreuzen, diesen Worten bis hierher folgen, liebevoll das Internet nutzen,.. auf den Austausch, die Debatte und die Akzeptanz. 

Alles Liebe, Georg