Newsflash: Bodenhaftung vs. EHEC

Ein medialer Lokalaugenschein. Berlin liegt unter Asche. Das Ostkreuz brennt. Terror von links oben, mitte hinten und zirka unten ziert die Titelseiten. Die EHEC Epedemie rafft die Gurkenesser dahin und das unmittelbare Ende aller Gemüsefreunde steht bevor.

Meine Augen wandern über das Papier und Wort für Wort entziffert sich die Apokalypse nach Reuters.  Zähne wachsen aus der Druckerschwärze und stechender Geruch macht sich zwischen den Zeilen breit. Er beißt sich durch die Nase geradewegs ins Gehirn und dreht den Blick um 360° vertikal zuerst nach unten auf T-Shirt und Haut, dann durch Brustkorb und Lunge bis zur Wirbelsäule, tritt beim Steißbein wieder aus und läuft zwischen Rücken und Lehne in Schlangenlinien zum Nacken, verschwindet im Kopf, sieht die Schädeldecke beim Uno-spielen gegen die Haarwurzeln verlieren und setzt sich wieder in die Augen. Einen Wimpernschlag lang fokussiert er gerade nach vorne, fällt aber unmittelbar darauf in die vor mir liegende, chlorfrei gebleichte Plattheit um zu begreifen, dass er, der ja DER  Sehsinn ist, jetzt endlich anfangen soll Angst zu verbreiten.

Also gut: Jetzt fürchten! Wer Salat isst, mit der gemeinen S-Bahn fährt oder die aschige Luft atmet ist totgeweiht! Die Gladiatoren kämpfen nicht im Kolosseum, sondern am Bahnsteig. Die Menge steckt an. Die Kabeln brennen.

Die Zeitung vor mir hat sich in ein Monster verwandelt. Ich bin bis zum Bauch verschlungen und muss Widerstand leisten. Die Hand greift zur nächsten Karotte. Finger und Rübe sind ungewaschen! Die Zähne beißen zu. Die Zunge schmeckt Gemüse, Erde und Gefahr. Ich schlucke. Gekaute, fasrige Masse rinnt die Speiseröhre hinab. Der Magen fängt sie auf. Pause – Abwarten! …länger abwarten! Passiert etwas? Nein.

Der Zug fährt noch immer und das Ende aller Zeiten ist doch nicht gekommen?! Enttäuscht sieht mich das Impressum an. Ich ziehe mich aus dem Zeitungsschlund, setze mich wieder an den Platz neben dem Fenster und lege das Blatt zur Seite. Die Fahrt geht nach Westen. Fliegen wurde ja abgesagt. Die Jungs von Ginga sind noch im Bus unterwegs, aber bis zum Soundcheck geht sich alles aus!  Das Stück Papier liegt pfauchend neben mir. Offensichtlich brüskiert es sich über mein Verhalten. Ich ignoriere es. Die Sonne rückt die Landschaft ins Abendlicht und die Asche zieht weiter.

Nach ein paar Kilometern steige ich aus. In Utrecht. Alleine. Ohne Zeitung. Nur mit Bass, Zahnbürste und Zweitsocken.