Sweet CoCo

Vorwort: Gerade als ich diesen Text ins Netz stellen wollte bekam ich die Nachricht meiner Mutter, dass mein Großvater gestorben ist – Scheinbar ziemlich genau als ich getippt hatte. Währenddessen war er mir mit seinen Geschichten und speziell seiner allerletzten Geschichte immer wieder sehr gegenwärtig. Zufall? Ich ließ etwas Zeit vergehen und hielt den Text noch unveröffentlicht. Ein bißchen Ruhe. Ein bißchen Stille.

In Gedenken Kurt Brichta – Ich wünsche dir, dass du deinen Frieden gefunden hast.

.

Hier der Blog: Sweet CoCo

Der Himmel ist wolkenlos und ich trage eine graue Leinenhose mit weiten Seitentaschen. Sie ist hoch gekrempelt bis zu den Knien. Die Haare sind noch keine Dreadlocks, bereiten sich aber, zum Zopf geflochen, schon darauf vor. Ein Mazda steht in zweiter Spur vor, die Wiener U6 auf der Brücke über mir. Ich steige ins Auto des Gitarristen ein. Wir haben den 3ten! – Welch dunkelvisionäre Begrüßung. Unmittelbar betroffen ist Wien und speziell mein aktueller, zivilbedienter Lebensraum, das Pflegeheim, ja nicht. Es ist 2001 und die Uhr somit um zehn Jahre zurück gedreht.

Skizzen der Station 8. Für die meisten, der dort lebenden Menschen, ist die Welt ein Pendeln zwischen Medikamentenrausch, Essen und Besuch des Biotops im Park – mal mit uns Zivis, mal mit den lieben Verwandten. Im Rahmen dieser Spaziergänge rutscht das Russland der 1940er Jahre genauso in meine Wahrnehmung wie das Wien der 1950er. Welten zwischen Eisenbahnen, Schnee und Suppe tun sich auf. Irgendwo zwischen Sibirien, Siebenbürgen und Meidling lebt hier eine Realität, die nicht an den Rollstuhl gebunden ist und die für Sekunden durch die Demenz und die Wolke der Antidepressiva durchsehen und sprechen kann.

Es ist eine willkommene Ablenkung sich in diese Geschichten zu begeben. Die Tagespolitik ist wahnsinniger denn je und die Photogeilheit am Zenit der Möglichkeiten. Ein Loch aus Schutt, Rauch und Anschuldigungen entstellt das Zentrum der Weltwirtschaft und drängt sich auf die Titelseiten. Die viel zu große potentielle Gewalt ist spürbar. Es fühlt sich an als würden die Geschichten für die Geriatrien der Zukunft gerade lose, als erste Skizze, auf einen Block gekritzelt werden.

Umgeblättert und ins Jetzt gesprungen. Zehn Jahre später gibt es schon genauere Formulierungen. Gedenken und Bedenken werden zelebriert, zensiert und diskutiert. Etwas treibt uns. Proteste, Trauerfeiern, Verschwörungstheorien, Sonderausgaben von Magazinen, Sonderausgaben im Staatsschutz, verbilligtes Hundefutter bei Real, Billa und Aldi/Hofer,.. Mein Kollege Robert wird beauftragt einen Song für eben diese Zehnjährigkeit zu schreiben. Der Auftraggeber ist der Senat gmeinsam mit einem interreligiösen Verein. Interessen von allen Seiten: Kunst und Freiheit – und Politik – und Religion… Was entsteht ist so alt, wie kitschig und schön: Ein Song für das Miteinander. 

Blick vom Gesangsverein aus in die Regie

Deswegen stelle ich diesen Song vor: Sweet Co-Existance (Juga feat. Robert Lee Fardoe / Run United / 2011). Initiert vom Verein Juga und im Daily Hero Studio Berlin umgesetzt.

Bitte sehr, Das Video zum Projekt:

Die brenntaugliche Datei im unfassbar hoch aufgelösten .wav Format (44,1/16): Sweet Co-Existance DOWNLOAD Wer hören und speichern will, der/die klicke!

Die Liste für die Gedächtnisübung an Hand der beteiligten Personen: Vox – Robert Lee Fardoe; Bass & Git – Georg Kostron; FX Git – Alex Kozmidi; Drums – Tom Mlynar; Chor – Rob Longstaff, Dana Shanti, Liesa Didoff, Marianne Neumann; Mix – Florian Nowak; Produktion – Johann Damm; Co-Produktion – Georg Kostron; Kamera – Lukas Fischer, Marius Rieban